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Urlaub

Im Urlaub – oder: Der Teu­fel in mir
Ich bin der­zeit im Urlaub und hat­te ges­tern ein inter­es­san­tes Erlebnis.
Unser Zim­mer ist eine ganz ein­fa­che „lan­des­ty­pi­sche” Unter­kunft. So mag ich es am liebs­ten, weil ich ger­ne Urlau­be nut­ze, um ande­re Kul­tu­ren ken­nen zu ler­nen und das gelingt mir in ein­fa­chen Hotels oder Pri­vat­un­ter­künf­ten leich­ter, als in einem gro­ßen Hotel. Her­aus­for­dernd in die­ser Unter­kunft ist jedoch – wie ich ges­tern fest­stel­len muss­te – die Wand­stär­ke, die nicht mehr als 0,5 cm betra­gen kann. Die gan­ze Nacht war ich also von vor­ges­tern auf ges­tern Zeu­ge, wie unse­re Nach­barn ihre Nacht verbrachten:
21:30 – Nach einer lan­gen Wan­de­rung durch die Ber­ge lege ich mich müde in’s Bett. Unse­re Nach­barn noch nicht, denn sie lee­ren feucht­fröh­lich ihre (zwei­te?) Fla­sche Raki.
22:30 – Der Raki scheint lee­rer zu wer­den, denn die Unter­hal­tung zwi­schen den bei­den wird schlep­pen­der. Nichts des­to trotz reden sie (vor allem Sie) eigent­lich ohne Punkt und Kom­ma über Gott und die Welt.
0:00 – Der Raki ist (ver­mu­te ich) leer, denn Sie wird von einem argen Wein­krampf geschüt­telt. Er ver­sucht zu trösten…
0:15 – Der Wein­krampf hat sich in eine Wut­at­ta­cke ver­wan­delt. Er ver­sucht zu überleben…

1:00 – Nach einer kur­zen Pau­se beginnt ein län­ge­rer Mono­log ihrer­seits – lei­der (oder glück­li­cher­wei­se?) ist ihre Spra­che schon so ver­schlei­ert, dass nur Per­so­nen jen­seits der 2 Pro­mil­le-Mar­ke in der Lage sind, den Inhalt zu erfassen.
1:45 – Wie schön… Die bei­den sind wie­der ein Herz und eine See­le und sie weint nun erneut, dies­mal wohl aus Freu­de über das wie­der­ge­won­ne­ne Glück. Naht­los geht die­se Epi­so­de in ein ver­söhn­li­ches Lie­bes­spiel über, der (vor allem von ihr) durch laut­star­kes Stöh­nen unter­malt wird.
2:15 – Erschöpft gibt Er Ihr zu ver­ste­hen, dass es nicht mehr geht, das Stöh­nen ver­stummt unver­mit­telt. Kur­zes wei­nen, danach eine Art Dia­log in der Art:
Sie: „Bla­bla­bla… (3 Minuten)…bla?”
Er: „Bla­bla.”
Sie: „Bla­bla­bla… (5 Minuten)…bla!”
Er: „Aber, blablabla?”
Sie: „Nein, Du blabla…”
4:20 – Nach­dem mich gnä­di­ger­wei­se für eine Stun­de des Todes klei­ne Schwes­ter in ihren Armen hielt, erwa­che ich für das Grand Fina­le. Das „Gespräch” zwi­schen den bei­den ist zu einem zähen hin- und her gewor­den, unter­bro­chen von immer län­ger wer­den­den Pau­sen, schließ­lich um
4:55 – ist die Pau­se anhal­tend und Ruhe kehrt ein in unse­re beschei­de­ne Hütte.

Am nächs­ten Mor­gen gehe ich um acht Uhr am Zim­mer der bei­den vor­bei auf der Suche nach Nah­rung. Da sehe ich an ihrer Klin­ke das Schild „Bit­te nicht stö­ren.” Eine inne­re Stim­me sagt mir:
„Nimm das Schild weg, dann wer­den sie geweckt durch die Reinigungskraft.”
Ich ken­ne die­se Stim­me, es ist die Stim­me des Ver­stan­des, der Ver­su­cher, der Satan in mir. Ich neh­me sie wahr und gehe weiter.
„Nein, war­te. Das ist ja nicht aus Rache, son­dern eine Art Selbst­ver­tei­di­gung. Ja, genau: Wenn sie jetzt wach wer­den, brau­chen sie heu­te Nacht mehr Schlaf und wir kön­nen ruhig schlafen.”
Ah ja. Die Num­mer ken­ne ich auch schon. Ich muss zuge­ben – kurz hat’s schon in mir gezuckt, aber ich weiß inzwi­schen, welch Unfrie­den aus sol­chen Spiel­chen ent­steht und widerstehe.
„Eigent­lich tust Du ihnen ja auch was Gutes damit, schau­mal wie die Son­ne scheint, das ist bestimmt…”
O.K. es reicht. Ich ent­zie­he mei­nem Hirn die Auf­merk­sam­keit und rich­te mei­ne Ener­gie auf mein Herz, wel­ches sich da unbe­küm­mert am beginn­den Tag und dem blau­en Him­mel erfreut. Und mir zuflüsstert:
„Schau­mal nach links…”
Ich schaue nach links und sehe, dass ein wun­der­schö­nes Zim­mer – weit weg von unse­ren bis­he­ri­gen Zim­mer­nach­barn – gera­de frei wur­de. Es ist weit­aus schö­ner als das bis­he­ri­ge, mit rie­si­gen Pan­ora­ma­schei­ben und Blick sowohl auf die Ber­ge, als auch aufs Meer.
Wir wech­seln das Zim­mer und alles ist gut für alle Beteiligten.
Der­lei Erleb­nis­se hat­te ich in mei­nem Leben schon sehr, sehr oft und ich weiß für mich, dass mich die Stim­me mei­nes Her­zens stets zur Lie­be führt und die Stim­me mei­nes Ver­stan­des stets zum Unfrieden.
Wor­an ich die Stim­me mei­nes Her­zens erken­ne? Ganz leicht: Sie ist stets von einem Gefühl des inne­ren Frie­dens unter­legt, wäh­rend die Stim­me mei­nes Egos immer durch irgend­ei­ne Emo­ti­on durch­tränkt ist.
Abzu­war­ten, bis die Stim­me des Her­zens spricht und sich von ihr an die Hand neh­men zu las­sen, ist wah­re Medi­ta­ti­on im Alltag.

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