Der Schmerz und das Leid
Öfter bekomme ich Emails mit der Frage zu Schmerz und Leid. Interessanterweise sind dabei oft „Kopfschmerzen” oder andere „schwer zuordenbare” Schmerzen mit im Spiel. Daher veröffentliche ich auf diesem Weg mal meine Antwort.
Es gibt einen Unterschied zwischen „Schmerz” und „Leid”.
„Schmerz” ist etwas akutes – so in der Art: Du schlägst Dir mit dem Hammer auf den Finger und dann tut es halt weh. Schmerz ist meist recht intensiv und körperlich und klingt nach und nach (sofern Du Dir nicht immer wieder auf den Finger haust) ab. Schmerz ist meist identisch mit dem beginnenden Prozess der Heilung.
„Leid” dagegen ist etwas „Kopfgemachtes”. Es kann ewig andauern, da es sich selbst erneuert. Als ob man sich ständig neu mit dem Kopfhammer auf die innere Wunde schlagen würde. Leid verhindert meist den Schmerz und damit die Heilungsphase. Leid gibt es nur in der Menschenwelt und manchmal bei Haustieren, die sich in einem Abhängigkeitsverhältnis mit Menschen befinden.
Ein Beispiel dazu: Adam und Eva sind ein glückliches Liebespaar. Plötzlich stirbt Eva bei einem Unfall.
Wären Adam und Eva nun zwei Tiere, so wäre die Sache recht vorhersehbar: Adam würde den Schmerz des Verlustes fühlen ohne ihn abzuwehren. Er würde vermutlich einige Tage wenig essen und alle Anzeichen einer starken Trauer zeigen. Er würde nicht äußerlich weinen – da Tiere das nicht können – aber innerlich den Schmerz dennoch in vollem Ausmaß fühlen. Er würde überall nach Eva suchen und wäre lethargischer in seiner Art als sonst. Nach einigen Tagen oder wenigen Wochen ginge sein Leben jedoch in gewohnter Weise weiter. Vermutlich fände er eine neue Partnerin und würde weiterleben wie zuvor. Schmerz durchfühlt, Leben geht weiter.
Wären Adam und Eva nun zwei Menschen, so würde mit hoher Wahrscheinlichkeit die Trauerphase nicht so unmittelbar und direkt ablaufen: Viele Menschen wehren sich gegen den Schmerz – nicht bewusst, sondern in einer automatischen Abwehrreaktion. Sie verweigern sich der Situation, lenken sich ab, versuchen dem Schmerz zu entgehen. Aus diesem Abwehr- und Ausweichverhalten entsteht dann Leid. Während der Schmerz einen intensiven, fast schon „lustvollen” Aspekt in sich trägt, ist das Leid da eher eine zermürbende, destruktive Sache. Es kommt auch – wie schon gesagt – nicht zur Ausheilung, nicht zur Versöhnung mit der Welt und dem sogenannten Unglück. Man will es anders haben und erkennt daher nicht die Chancen, die in diesem Ereignis liegen.
Kopfschmerzen sind oft ein Symptom für diesen Widerstand. Daher kannst Du Dich fragen, ob es etwas gibt in Deinem Leben, wogegen Du Dich unbewusst sperrst? Gab es einige Zeit vor den Kopfschmerzen ein unangenehmes oder gar „dramatisches” Ereignis? Und bekam dieses Ereignis Deine volle Aufmerksamkeit, Annahme und Hingabe?
Alles Liebe,
Dirk.
P.S. Aus juristischen Gründen noch folgenden Zusatz: Dieser Text ist keine ärztliche Diagnose und ersetzt auch nicht die Beratung durch einen Arzt.
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