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Guter Sex

Wie kann ich guten Sex haben?

Immer mal wie­der, schon ziem­lich regel­mä­ßig, wer­de ich das gefragt. Meist im Zusam­men­hang mit Stö­run­gen in die­sem Bereich. Also zum Bei­spiel Erek­ti­ons­pro­ble­me oder Fri­gi­di­tät. Aber auch in die ande­re Rich­tung – zum Bei­spiel bei einer sub­jek­tiv emp­fun­de­nen Uner­sätt­lich­keit – Sex­sucht wird das dann im all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch genannt.

Die Fra­ge „wie kann ich guten Sex haben” kann man so nicht beant­wor­ten, weil „gut” in dem Zusam­men­hang für jeden Men­schen etwas ande­res bedeu­tet. Wenn also zum Bei­spiel eine Frau sich als fri­gi­de erlebt und dar­un­ter lei­det, dann wäre in ihrem Fall „guter Sex” sicher­lich dann erfüllt, wenn sie jeden Tag Sex haben könn­te. Umge­kehrt, wenn ein Mann, der sich als sex­be­ses­sen erlebt und jeden Tag Sex haben muss, auf ein­mal nur noch ganz sel­ten Lust hät­te, wäre es für ihn erleich­ternd. Genau umge­kehrt also.

Sub­jek­tiv emp­fun­de­ner „guter Sex”, hat also sehr viel mit Frei­heit zu tun. Die Frei­heit Sex haben zu KÖNNEN einer­seits und die Frei­heit kei­nen Sex haben zu MÜSSEN andererseits.

Ja – und das fin­de ich das Span­nen­de an der Sexua­li­tät. Sie ist der bes­te und unbe­ein­fluss­bars­te Indi­ka­tor für die Frei­heit an sich. An der sexu­el­len Erfül­lung lässt sich abso­lut prä­zi­se able­sen, wie frei ich bin. Nicht in abso­lu­ten Zah­len, also nur dann, wenn ich 5 mal pro Woche Sex habe, dann bin ich frei. Nein – so nicht.
Aber in dem sub­jek­tiv emp­fun­de­nen Wohl­be­fin­den in Sachen Sex – dar­an sehr wohl. Und jeder Mensch, der sich das ganz ehr­lich ansieht, wird sofort wis­sen, wie es dar­um steht.
https://www.youtube.com/watch?v=RLCc4enYxLk
Frei­heit ist ja ein schma­ler Grat, der von zwei Unfrei­hei­ten – Zwang­haf­tig­kei­ten – ein­ge­rahmt wird.
Auf der einen Sei­te die Unfrei­heit, dass sich Men­schen zu sehr ande­ren Men­schen oder Situa­tio­nen ein- und unter­ord­nen und dadurch ihre eige­nen Lebens- und Lie­bes­im­pul­se verlieren.
Auf der ande­ren Sei­te die Unfrei­heit, dass sich Men­schen zu sehr den Ver­bind­lich­kei­ten ent­zie­hen und dadurch eben­falls nicht mehr ihren Lebens- und Lie­bes­im­pul­sen fol­gen können.
Ers­te­res wird oft Abhän­gig­keit genannt, für zwei­te­res gibt es inter­es­san­ter­wei­se kein gän­gi­ges Wort. Bezie­hungs­angst kommt dem viel­leicht am nächsten.

In bei­den Unfrei­hei­ten ver­lie­ren die Men­schen sowohl den Kon­takt zum Ande­ren, aber auch und vor allem zu sich selbst, daher lau­tet die wesent­li­che Fra­ge nicht: Wie tief kann ich mich einlassen?
Sie lau­tet auch nicht: Wie gut kann ich bei mir bleiben?
Nein – die wesent­li­che Fra­ge ist viel her­aus­for­dern­der und bedarf einer lebens­lan­gen For­schung und Betrach­tung. Sie lau­tet… jetzt müss­te eigent­lich ein Trom­mel­wir­bel kom­men … ja genau!
Sie lau­tet: Wie tief kann ich mich ein­las­sen UND bei mir bleiben.

Wie eine Waage:

Die eine Sei­te ist das tie­fe Einlassen.
Die ande­re Sei­te ist das bei SICH bleiben.

Liegt auf bei­den Sei­ten nichts drin, so ist das leben seicht.
Liegt nur auf der einen Sei­te etwas, so kippt es um.
Nur, wenn bei­de Sei­ten wohl­be­füllt sind, bekommt das Leben Gewicht und Fülle.

Und nur dann ist die Sexua­li­tät zutiefst erfül­lend. Fin­det statt, wenn sie statt­fin­det und fin­det nicht statt, wenn sie nicht stattfindet.

Und wie ist das nun mit der Poly­ga­mie und Monogamie?
Die­se Fra­ge ist sehr leicht zu beantworten:
Ich ken­ne kei­nen MONOGAMEN Men­schen, der frei­heit­lich lebt.
Moment, Moment! Ich ken­ne aber auch kei­nen POLYGAMEN Men­schen, der frei­heit­lich lebt. Denn bei­des sind Kon­zep­te, die – wie jedes Kon­zept – kei­nen Raum für Frei­heit las­sen. Es ist wie gra­de beschrie­ben: Mono­ga­mie führt leicht zur Abhän­gig­keit. Und Poly­ga­mie ganz schnell zur – tja, wie nen­ne ich es – chro­ni­schen Unverbindlichkeit?

Frei in der Sexua­li­tät zu sein ist jeweils eine Moment­auf­nah­me. Ich könn­te nie­mals einer Frau die Mono­ga­mie ver­spre­chen. Aber ich bin den­noch nicht Poly­gam. Ich kann nur in jedem Moment ehr­lich sein mit mir selbst und das, was ich in mir fin­de so ehr­lich wie mög­lich nach Außen kom­mu­ni­zie­ren und umset­zen. Und in die­ser Wei­se lebe ich sehr, sehr viel Tie­fe mit ande­ren Men­schen und gleich­zei­tig bin ich so frei, wie ich es noch nie zuvor in mei­nem Leben war. Es braucht viel Mut das zu tun – für den Einen mehr in die Rich­tung sich ein­zu­las­sen und für den Ande­ren sich mehr aus­zu­las­sen. Und immer gibt es Grün­de, war­um das nicht geht. Und nur dann, wenn jemand so sehr die Nase gestri­chen voll hat von den bei­den Unfrei­hei­ten – und dafür muss er bei­de erlebt haben. Nur dann wählt er den Weg in die lie­be­vol­le Ver­bun­den­heit mit sich und der Welt.

Und Du?

Alles Lie­be,
Dirk Liesenfeld.

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