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Dis­zi­plin

Dis­zi­pli­niert sein oder sich gehen lassen?

Was ist das eigent­lich? Dis­zi­plin? Nun, ganz ein­fach. Kurz und bün­dig. In der Dis­zi­plin zwingt man sich oder ande­re Men­schen zu etwas, wor­auf man eigent­lich kei­ne Lust hat. Wenn ich zum Bei­spiel Hun­ger habe und etwas esse, dann brau­che ich dazu nor­ma­ler­wei­se kei­ne Disziplin.

Es sei denn, ich hät­te mei­ne natür­lich Intui­ti­on für Nah­rung ver­lo­ren, dann könn­te es sein, dass ich mich zum essen dis­zi­pli­nie­ren muss um nicht zu ver­hun­gern, oder genau das Gegen­teil. Ich muss mich dann viel­leicht dis­zi­pli­nie­ren, um nicht ZU VIEL zu essen. Zu viel nach wel­chem Maß­stab? Mode­zeit­schrif­ten? Die Mei­nung eines Arz­tes? Mein Wohlbefinden?

Nun, es scheint also so zu sein, als wür­de die Dis­zi­plin sehr häu­fig ein Ersatz für eine ver­lo­ren­ge­gan­ge­ne Intui­ti­on sein. Eine Krü­cke, als ob mein Bein gebro­chen ist und VORÜBERGEHEND nicht benutzt wer­den kann. In die­sem Sin­ne ist es sinn­voll die Dis­zi­plin tat­säch­lich nur als Krü­cke zu ver­ste­hen. Einer vor­über­ge­hen­den Hil­fe. Ich täte also gut dar­an, wenn ich mich dar­auf kon­zen­trie­ren wür­de, dass ich sie über kurz oder lang nicht mehr benötige.

Die­se Art von Dis­zi­plin tritt häu­fig bei unmit­tel­ba­ren Grund­be­dürf­nis­sen auf, also: Hun­ger, Durst, Gebor­gen­heit, sozia­ler Kon­takt, Schlaf, Sicher­heit und so wei­ter. Man han­delt dann aus Gewohn­heit oder Angst gegen sei­ne Grundbedürfnisse.
Dazu habe ich ja schon recht vie­le Vide­os gemacht. Wenn Du also merkst, dass Du Dich in die­sen Berei­chen dis­zi­pli­nie­ren musst, dann soll­test Du ver­su­chen her­aus­zu­fin­den, was das Grund­be­dürf­nis ist und die­sem ein­fach zuhö­ren. Ein­fach nach innen lau­schen wann z.B. der Kör­per Hun­ger hat und wann er eigent­lich satt ist. Wenn Du dies sehr lang­sam und genau tust, regu­liert sich nor­ma­ler­wei­se das Gan­ze inner­halb weni­ger Wochen auf einen wun­der­bar aus­ge­pe­gel­ten Zustand.
https://www.youtube.com/watch?v=N_xzPFvJaqs
Manch­mal ersetzt aber auch ein Grund­be­dürf­nis das ande­re. Wen mir zum Bei­spiel der sozia­le Kon­takt fehlt, kann es sein, dass der Kör­per dies ver­sucht aus­zu­glei­chen durch – naja in dem Bei­spiel eben – durch mehr essen. Er stopft sich voll, um sich Reser­ven für die „ein­sa­me Zeit” zu schaf­fen. Denn in der Natur bedeu­tet „ein­sa­me Zeit” näm­lich ursprüng­lich „nah­rungs­ar­me Zeit”. Das macht schon alles Sinn, was der Kör­per da macht, der hat näm­lich meh­re­re Mil­lio­nen Jah­re Zeit gehabt so zu wer­den, wie er heu­te ist 

Es gibt aber auch noch eine ande­re Dis­zi­plin und von der möch­te auch spre­chen. Es ist die – so nen­ne ich sie jetzt mal – „umzu”-Disziplin. Ich tue etwas, wor­auf ich kei­ne Lust habe, UM etwas ZU errei­chen. UMZU.
Zum Bei­spiel dis­zi­pli­nie­re ich mich der­zeit jeden Tag Thai­län­disch zu ler­nen, UM im Juli in Thai­land mich gut ver­stän­di­gen ZU kön­nen. UMZU.
Dek Phy­in lae dek Pus­sai gam­lang nang yu thi to.
Ist das nun eine „gute” oder „schlech­te” Dis­zi­plin? Das kann nie­mand beur­tei­len, außer ich selbst. Ich muss für mich das GANZE Bild sehen und alles dar­in bewer­ten. Ich lege also in die eine Wag­scha­le das täg­li­che Über­win­den mei­ner Träg­heit. Tag für Tag – das darf man nicht unter­schät­zen, da kommt ganz schön was zusammen.

In die ande­re Wag­scha­le lege ich den ein­mo­na­ti­gen Auf­ent­halt in Thai­land. Ich weiß aus ande­ren Aus­lands­auf­ent­hal­ten, dass man einen beson­de­ren Kon­takt zu den Ein­hei­mi­schen bekommt, wenn man deren Spra­che zumin­dest ein wenig spricht. Gera­de ich Thai­land beson­ders, weil dort vor allem in den länd­li­chen Berei­chen kaum eng­lisch gespro­chen wird. Und ich weiß, dass mir das „ein­tau­chen” in die ande­re Kul­tur eines der höchs­ten Anlie­gen ist, bei einer Auslandsreise.

Wenn ich das nun alles in die Wag­scha­le wer­fe, dann spü­re ich sofort in mei­nem Her­zen, dass es total gut ist, thai­län­disch zu ler­nen. Und wenn ich mal kei­ne Lust habe dazu, dann stel­le ich mir kurz die thai­län­di­sche Bau­ern­fa­mi­lie vor, die ich irgend­wo dort tref­fen könn­te und die Mög­lich­kei­ten, die ent­ste­hen, wenn ich mit ihnen kom­mu­ni­zie­ren kann und nicht nur lächelnd vor­bei lau­fen muss. Dann fällt es mir auf ein­mal sehr leicht mei­ne „Dis­zi­plin” – die dann kei­ne mehr ist – zu halten.

Ver­stehst Du? Es geht auch hier um Bewusst­heit. Wenn ich wirk­lich WEIß und es FÜHLEN kann, dann ist es auch kei­ne Dis­zi­plin mehr. Dann muss ich mich auch nicht mehr zwin­gen. ICH tue NICHTS mehr, wozu ich mich zwin­gen muss. Ich tue aber SEHR viel, was ich ohne den Blick aufs Gan­ze NICHT täte.

Das ist viel­leicht der aller­wich­tigs­te Punkt. Denn ich bin ja nicht allei­ne auf die­ser Welt. Las­se ich mich nun ganz gehen, habe ich bald kei­ne Freu­de an der Welt mehr und damit auch nicht an mir selbst. Dis­zi­pli­nie­re ich mich ohne Bewusst­heit, so ver­lie­re ich Stück für Stück die Freu­de an mir selbst und damit auch an der Welt.

Auch hier ein Bei­spiel. Sagen wir mal, mich ruft ein Mensch an, der mich bit­tet, ihn zum Flug­ha­fen nach Ber­lin zu fah­ren. Ich habe dazu erst­mal kei­ne Böcke. Jetzt gibt es da fol­gen­de Möglichkeiten:
– Ich könn­te ein­fach sagen: Nee, Du, das stimmt für mich gra­de gar net. Mache ich net.
– Ich könn­te auch sagen: Ja klar. Ich fah­re Dich.

Bei­des ist ohne Bewusst­heit. Ich bli­cke nicht aufs Gan­ze. Aufs Gan­ze schau­en heißt, so viel wie mög­lich wahr­zu­neh­men. Nicht nur mit dem Kopf, son­dern im Her­zen. Mit­ge­fühl heißt das Zau­ber­wort. Und dann wird sofort deut­lich, was im Sin­ne des GANZEN stim­mig ist.

Es könn­te ja sein, dass es wirk­lich ein Not­fall ist. Dass das Auto des Men­schen kaputt gegan­gen ist und er ansons­ten den Flug ver­pas­sen wür­de, auf den er mona­te­lang gespart hat. Für mich ist es viel­leicht ein leich­tes, mei­ne Träg­heit zu über­win­den, um die­sem ande­ren Men­schen damit sehr viel Nach­tei­le zu ersparen.

Viel­leicht ist es aber auch so, dass der ande­re Mensch ein­fach ein beque­mer Mensch ist, der sich nie um etwas küm­mert. Oder auch ganz ein­fach mit dem Zug fah­ren könn­te. Und ich gera­de eh etwas kränk­lich bin und im Bett sein soll­te. Dann wird eben­falls sofort deut­lich, was im Sin­ne des GANZEN stim­mig ist.

Ich wer­te also die Vor- und Nach­tei­le des ANDEREN GENAUSO wie die mei­nen. Nicht höher, aber auch nicht weniger.

Ver­stehst Du – das ist kei­ne Ver­stan­des­ge­schich­te. Der Ver­stand sam­melt nur die Fak­ten. „Auf­ge­rech­net” wird dies im Her­zen. Das Herz zeigt sehr deut­lich, was WIRKLICH stim­mig ist – wenn man ihm dann auch lauscht.

Es ist sehr loh­nens­wert, sich mit die­sem The­ma ein­ge­hend zu beschäf­ti­gen. In die­ser Sache die „gro­ße Stim­mig­keit” zu fin­den, macht das Leben so viel – ehm – fül­li­ger. bun­ter, erfüll­ter – das ist das rich­tig Wort.
Im Sin­ne des Buddhismus:
Die tiefs­te Ursa­che für das eige­ne Glück ist die Hin­wen­dung zum Glück aller Wesen.
Also – mich selbst dabei auch mit eingeschlossen.

Ich wid­me inzwi­schen einen Groß­teil mei­ner Kraft und Zeit dem Wohl­erge­hen ande­rer Men­schen. Manch­mal bekom­me ich dafür Geld, meist jedoch nicht. Das tue ich nicht, weil ich so ein unglaub­lich selbst­lo­ser Mensch ursprüng­lich bin. Ich tue das, weil ich irgend­wann so rich­tig tief im Her­zen ver­stan­den habe, dass es mir so viel bes­ser geht, wenn ich das tue. Auf eine Art sind damit wahr­haft selbst­lo­se Men­schen die ego­is­tischs­ten von allen. Sie sor­gen in letz­ter Kon­se­quenz für ihr eige­nes Wohl­erge­hen, denn letzt­lich ist das die Trieb­fe­der allen mensch­li­chen Handelns.

Lass es Dir gut gehen – fin­de her­aus, wie das wahr­haf­tig geht.
Eine Welt in der es allen Wesen gut geht.
Wäre das nicht der ein­zi­ge Ort, an dem Du wirk­lich sein möchtest?

Alles Lie­be,
Dirk Liesenfeld.

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