Kategorien: Tantra

Die Schu­le des Lebens

Niemand zwingt dich dazu, die Schule des Lebens zu besuchen und sie kann auch nur dann für dich wertvoll sein, wenn du sie aus deinem eigenen inneren Wunsch betrittst. Nur dann – und dann aber ganz sicher – wird sie dir helfen mehr zu werden, freudvoller zu werden, liebevoller und humorvoller und erfüllter als jemals zuvor in deinem Leben und jedem deiner Leben zuvor.

Naja, du kennst ja viel­leicht die­ses geflü­gel­te Wort der „Lebens­schu­le“ und das stimmt mehr, als einem mög­li­cher­wei­se in all­täg­li­chen Situa­tio­nen so bewusst ist. Heut­zu­ta­ge liegt so eine gro­ße Beto­nung auf Aus­bil­dung und dar­un­ter wird zumeist die schu­li­sche oder beruf­li­che Aus­bil­dung verstanden:

Man lernt etwas, macht eine Prü­fung und kann dann – zumin­dest einen Teil des Wis­sens – im spä­te­ren Leben anwen­den. Dar­an ist ja auch nichts ver­kehrt, doch lei­der wur­de uns kol­lek­tiv die­se Art und Wei­se des Wis­sens­er­werbs der­ma­ßen ver­gällt, dass sich die Kon­se­quen­zen dar­aus im rest­li­chen Leben beglei­ten und – ich sage es jetzt ein­mal so krass: dominieren!

Wir haben kaum mehr Übung dar­in, wie Ler­nen eigent­lich natür­li­cher­wei­se statt­fin­den könn­te und auch soll­te. Selbst, wenn sich Men­schen auf einen soge­nann­ten „spi­ri­tu­el­len Weg“ machen, tun sie das in den meis­ten Fäl­len in genau die­ser Weise:

Sie über­neh­men frem­des Wis­sen und wen­den dies dann mehr oder weni­ger erfolg­reich im wei­te­ren Lebens­ver­lauf an. Im ungüns­tigs­ten Fall müs­sen sie sogar eine Prü­fung in der spi­ri­tu­el­len Lern­an­stalt able­gen und dabei bewei­sen, dass sie den Wis­sens­in­halt repro­du­zie­ren können.

Doch wie ist die Schu­le des Lebens eigent­lich gedacht?

An Kin­dern kön­nen wir das recht gut beob­ach­ten. Also – an Kin­dern, die noch nicht zu sehr ver­bo­gen wur­den. Denn ursprüng­li­che, undo­mes­ti­zier­te Kin­der ler­nen, indem sie mit allen Sin­nen ihre urei­gens­ten Erfah­run­gen machen und dar­aus intui­ti­ve Erkennt­nis­se zie­hen, die sie dann als klei­ne Men­schen mehr und mehr aus­bil­den. Sie kom­men dabei in man­chen Fäl­len zu den glei­chen Erfah­run­gen, wie vie­le ande­re klei­ne Mensch­lein vor ihnen; zum Bei­spiel bei hei­ßen Herdplatten.

https://www.youtube.com/watch?v=TjNuj3zNsnc

Und doch sind es nie­mals die­sel­ben Erfah­run­gen und vor allem sind es die urei­gens­ten Erfah­run­gen, die in die­ser Her­an­ge­hens­wei­se eben nicht zu blo­ßem Kopf­wis­sen wer­den, son­dern zu tie­fen Erfah­run­gen, die ihre Intui­tio­nen stär­ken und nicht zu einem ange­pass­ten, dis­zi­pli­nier­ten Ver­hal­ten führen.

Um noch kurz bei den Kin­dern zu blei­ben: Was ist nun also unse­re Auf­ga­be als beglei­ten­den Erwach­se­nen? Klar, man­che Din­ge kann und soll­te man Kin­dern sicher­lich auch „bei­brin­gen“, doch die aller­meis­ten Erfah­run­gen wer­den holis­ti­scher dadurch erlangt, dass Kin­der die­se in ihrer eige­nen Wei­se zum von ihnen gewähl­ten Zeit­punkt machen.

Unse­re Auf­ga­be als soge­nann­te „Erwach­se­ne“ ist damit also klar: Kin­dern mög­lichst vie­le Erfah­rungs­räu­me ermög­li­chen und sie dar­in lie­be­voll beglei­ten, sodass sie nur die Feh­ler aus­las­sen, die blei­ben­den Scha­den anrich­ten wür­den. Die­je­ni­gen Feh­ler, die kei­nen grö­ße­ren Scha­den anrich­ten, sind eben genau Teil des wert­vol­len Erfah­rungs­rau­mes, den wir Kin­dern nicht ver­schlie­ßen dürfen.

Und das­sel­be gilt eben auch für uns selbst.

Der Feind unse­res per­sön­li­chen Wachs­tums ist die­ses gesell­schaft­lich antrai­nier­te Sicher­heits­den­ken. Es tötet die Expe­ri­men­tier­freu­de und ver­schließt uns unge­wis­se und erfah­rungs­rei­che Räu­me, die uns wach­sen las­sen wür­den. Es hält uns fern von der Schu­le des Lebens.

Nach mei­ner per­sön­li­chen Über­zeu­gung geht es im Leben nicht dar­um, dass wir mög­lichst unge­scho­ren durch­kom­men, son­dern dar­um, dass wir dar­in mög­lichst viel­fäl­ti­ge Erfah­run­gen machen, die uns wach­sen las­sen. Nicht in unse­rem Wis­sen, denn das ist vergänglich!

Son­dern in unse­ren inne­ren Erfah­rungs­räu­men, auf dass wir in mehr inne­rer Grö­ße die­se Erde ver­las­sen, als dass wir sie betre­ten haben. Wür­de­vol­ler, humor­vol­ler, ver­trau­ens­vol­ler und hingebungsvoller.

Und in genau die­ser Wei­se ver­ste­he ich auch bei­spiels­wei­se Tan­tra. Für mich ist Tan­tra kein Set von Ver­hal­tens­vor­ga­ben, die man aus­wen­dig ler­nen soll­te. Es ist für mich ein Erfah­rungs­raum, indem ich mich mög­lichst angst­frei aus­pro­bie­ren möch­te und darf. Wenn man also Tan­tra defi­niert als einen Erfah­rungs- und Expe­ri­men­tie­r­ebe­ne, die alle Ebe­nen – auch die körperlich/sexuelle Ebe­ne – mit ein­be­zieht, dann hat man einen guten Aus­gangs­punkt, um einen wahr­haft tan­tri­schen Weg zu beschreiten.

Und doch gibt es etwas, was ich mir für mei­ne Lebens­schu­le von der klas­si­schen Schu­le abschau­en kann.

Wie wer­de ich denn ein guter Schü­ler? Wel­ches „Ver­hal­ten“ zeich­net denn einen Mus­ter­schü­ler, einen Stre­ber aus? Also einem Men­schen, der wirk­lich inten­siv nach Wis­sen strebt?

Nun, ein Stre­ber sitzt in der ers­ten Rei­he, passt gut auf und macht sei­ne Hausaufgaben.

Was bedeu­tet das denn für einen „Stre­ber“ in der Lebens­schu­le? Auch nichts ande­res, denn wenn ein Mensch wirk­lich ernst­haft die Schu­le des Lebens besu­chen möch­te und nach Wachs­tum und inne­rer Erkennt­nis strebt, soll­te er es genau­so machen:

  • In der ers­ten Rei­he sitzen
  • Gut auf­pas­sen
  • Haus­auf­ga­ben machen

Was heißt das? Naja, in der ers­ten Rei­he sit­zen ist eben genau das, was ich oben schon beschrie­ben habe. Es ist die Bereit­schaft wie­der expe­ri­men­tier­freu­di­ger zu wer­den und sich auf neue Erfah­rungs­räu­me ein­zu­las­sen. Über­haupt die Lebens­schu­le zu betre­ten und sich (in der ers­ten Rei­he sit­zend) inten­siv auf die Erfah­run­gen einzulassen.

Gut auf­pas­sen ist dabei eben eine gewis­se Wach­sam­keit. Sich dem erle­ben, füh­len und erfah­ren zu öff­nen. Sich selbst wahr­neh­men und aber auch die ande­ren Men­schen. Sich selbst füh­len und aber auch Mit­ge­fühl mit den ande­ren Men­schen haben. Ein­fach mit allen Sin­nen erle­ben und erfahren.

Und Haus­auf­ga­ben machen? Das ist gar nicht so leicht zu beschrei­ben, denn es ist mehr, als nur nach­spü­ren und nach­ver­ar­bei­ten. Klar, das ist die Grund­la­ge, dass man in weni­ger inten­si­ven Zei­ten nach­fühlt und inte­griert. Doch es ist viel mehr als das und führt auch weit dar­über hin­aus und ermög­licht sogar über­haupt erst das inne­re, authen­ti­sche Wachstum.

Und genau das ist jetzt der Punkt, wo es jetzt um den eige­nen Weg schon geht, denn wie das mit den Haus­auf­ga­ben in der Schu­le des Lebens funk­tio­niert ist nichts, was du von ande­ren Men­schen ler­nen oder abschau­en könn­test. Es ergibt sich aus­schließ­lich aus den bei­den ers­ten Punk­ten und formt sich dann in dei­ner indi­vi­du­el­len Wei­se aus – oder eben nicht.

Nie­mand zwingt dich dazu, die Schu­le des Lebens zu besu­chen und sie kann auch nur dann für dich wert­voll sein, wenn du sie aus dei­nem eige­nen inne­ren Wunsch betrittst. Nur dann – und dann aber ganz sicher – wird sie dir hel­fen mehr zu wer­den, freud­vol­ler zu wer­den, lie­be­vol­ler und humor­vol­ler und erfüll­ter als jemals zuvor in dei­nem Leben und jedem dei­ner Leben zuvor.

Ich wün­sche dir eine gute Reise.

Alles Lie­be,

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