Finster, finster, finster, finster – Nur der Glühwurm glüht im Ginster – Und der Uhu ruft im Grunde – Geisterstunde… „Die dunkle Seite in mir. Wie soll ich die wegkriegen?”
Das ist eine Frage, die ich oft höre.
„Was soll ich machen, wenn ich traurig bin, oder depressiv, oder stinkendwütend?”
oder
„Manchmal ist in mir einfach so ein schwarzes Loch.”
oder
„Manchmal möchte ich einfach nur draufschlagen, etwas kaputtmachen.”
oder auch der Klassiker:
„Da ist einfach so eine unterschwellige Angst in mir und so eine Lebensunlust manchmal.”
Nun – die dunkle Seite in Dir. Warum solltest Du die wegkriegen wollen?
Ist meine Gegenfrage, die ich Dir stelle. Wo steht geschrieben, dass das Dunkle „böse” ist und „unerwünscht”. Das steht noch nicht einmal in der Bibel so – glaube ich
Vielleicht fangen all die Probleme erst damit an, dass man sich dieser Seite in einem selbst verwehrt. Vielleicht ist das Dunkle ein genauso wichtiger Bestandteil des Lebens, wie das Helle?
Nun – es ist eine Tatsache, dass es ohne die Dunkelheit kein Leben auf der Erde gäbe, denn in der Dunkelheit verbrauchen zum Beispiel die Bäume das Kohlendioxid, welches die anderen Lebewesen – zum Beispiel der Mensch – ausscheidet.
Und überhaupt ist es so, dass sich in der Dunkelheit die Natur und die meisten Lebewesen regenerieren und neuerliche Kraft für den Tag schöpfen.
https://www.youtube.com/watch?v=_fe0FIG9kaw
Das Dunkle ist wie das Licht ein wichtiger Bestandteil des Lebens. Fehlt eines von beidem, dann kommt dieser wunderbare Kreislauf ins Stocken und wird schlussendlich versiegen.
Doch wir Menschen scheinen uns diesem Anteil verwehren zu wollen. Vor allem die religiösen und spirituellen Menschen führen dagegen – so zumindest erscheint es mir des öfteren – einen beständigen Kampf. Einen Kampf letztlich gegen sich selbst. Ein Kampf, der nie gewonnen und nur verloren werden kann.
Das Dunkle in Dir hat dieselbe Qualität, wie das sogenannte Helle – wenn man gut genug hinblickt. Lässt man es jedoch unter einer Decke der Missachtung, so beginnt es zu verrotten und zu stinken.
Nehmen wir mal ein Beispiel – ein Beispiel, welches selbstverständlich nicht auf Dich zutrifft, aber vielleicht hilft es zur Veranschaulichung. Nehmen wir mal die sexuelle Geilheit. Wenn ein Mensch in sich eine starke sexuelle Lust trägt und sich dieser aus – sagen wir mal – moralischen oder religiösen oder spirituellen Gründen verwehrt, so führt diese ursprünglich ganz neutrale Lust früher oder später zur Perversion. Pornographie, Gewalt, körperliche Symptome sind einige der Folgen daraus.
Generell kann man sagen, dass sich durch die Verweigerung des sogenannten Dunklen auch das sogenannte Helle in einem Menschen verdunkelt. Alles wird ein grauer Matsch. Und das ist, wie nicht wenige Menschen leben. Nicht wirklich freudvoll, nicht wirklich unglücklich – halt irgendwo dazwischen.
Manchmal gibt es hier eine kleine Ekstase, manchmal dort ein kleines Depressiönchen. Aber wirklich lebendig in all seinen Ausprägungen ist das nicht.
Das Licht braucht die Dunkelheit, denn wie sollte es sonst scheinen?
Und die Dunkelheit braucht das Licht, denn wie sollte man sie sonst wahrnehmen?
Die tiefsten Elemente des Lebens sind Geburt und Tod – es braucht beides, damit es ein lebendiger Kreislauf ist. Und damit braucht es auch die Freude und den Schmerz. Das Wachsen und Vergehen. Die Angst und die Hoffnung, die Verwicklung und die Entwicklung.
Was ist nun – in diesem Sinne – Erleuchtung?
Nun, eine Möglichkeit Erleuchtung zu erlangen ist die tiefe, innere Entscheidung, sich allen Ausprägungen des Lebens zu öffnen. Ganz zu fühlen – alle Ausprägungen des Lebens als „gültige” Ausprägungen des Lebens zuzulassen. Es ist so leicht, wenn man das tut. Und so unaushaltbar, wenn man es nicht tut.
Es ist etwas gänzlich unspektakuläres, denn es bedeutet nichts anderes, als wieder zu werden wie Kinder, die noch nicht von der Welt verbogen wurden. Lachen, weinen, lieben hassen, küssen, wegschieben, hoffen bangen… Kinder tun das noch in voller Inbrunst. Machen sich keinen Kopf, gehen in jedem Gefühlszustand voll auf. Verweigern sich nicht dem Dunklen und suchen nicht ständig das Helle. Sie tragen noch nicht einmal die Unterscheidung in „Dunkel” und „Hell” in sich. Sie sind frei und im Fluss – naturally enlightend
Was nun aber, wenn man schon in die Moralfalle getappt ist? Sich schon den gesellschaftlichen Vorgaben unterworfen hat? In sich selbst das Gefängnis umherträgt? So viele unerfüllte und unterdrückte natürliche Bedürfnisse in den tiefsten inneren Kerker gesperrt hat und ganz viele Konzepte daraufgelegt; Konzepte, dick wie Betonplatten.
Hm, sterben, neu inkarnieren und hoffen, dass es besser wird.
Oder: Auf den Tod warten und hoffen, dass man danach automatisch eingeht in irgendeine Art von Paradies. Machen auch viele.
Oder aber – und das finde ich die schönste Herangehensweise – oder aber:
Aber nein – das ist jetzt zu absurd – das brauche ich gar nicht erst zu sagen. Denn wer würde das schon machen. Wem wäre sein eigenes Leben, seine eigene Glückseligkeit schon wichtig genug solch einen wahnwitzigen Weg zu beschreiten? All das, wofür man so viele Jahre geackert und gerackert hat in Frage zu stellen, für ein bisschen inneren Frieden?
Naaah – ich glaube wir belassen es für heute dabei…
oder willst Du es wirklich wissen? Den Ausweg aus der Misere?
naja – die Antwort ist ganz leicht. Doch sie wird Dir nicht gefallen.
Die Antwort ist: „Lebe wild und gefährlich”.
Damit ist nicht gemeint, dass Du jetzt nur noch verantwortungslos auf Kosten anderer herumprollst. Oder Dich von einer Klippe stürzt.
Nein, eher im Sinne von: „Lebe gelöst und natürlich.”
Damit ist gemeint, dass Du all den unterdrückten Bedürfnissen in Dir Raum gibst.
Indem Du beginnst Dich selbst zu erforschen, wo es in Dir dunkel ist.
Wo der Schmerz und die Angst sitzen. Wo die Lebensüberdrüssigkeit beginnt.
Wenn Du dort genau hinblickst, entdeckst Du IMMER ein unterdrücktes Bedürfnis und daneben ein Angstkonzept, welches das Bedürfnis in Schach hält.
Am obigen Beispiel: Da findest Du vielleicht eine Depression, darunter eine sexuelle Lust und daneben den Wärter, der Dir klipp und klar sagt: „Ey Alter, mag sein, dass Du Lust hast auf körperlichen Schweinkram. Aber – ey – da gibt es Krankheiten, Schwangerschaften, Reputationen und überhaupt – eines kann ich Dir sagen. Wenn Du Dich darauf einlässt daaaaannnn…”
Naja – und um das zu verdeutlichen schickt das Angstkonzept nun noch eine ordentliche Portion Emotionen hinterher – so eine Mischung aus Angst, Schuldgefühl und Niedergeschlagenheit. Diese Mischung hat bislang immer funktioniert.
Wie soll man solch eine Barriere durchbrechen?
Wie kann man angesichts einer solchen Übermacht bestehen?
Es gibt da nur eine einzige Antwort, die wirklich funktioniert: Nur, wenn der Wunsch nach Freiheit, inneren Frieden und Liebe so groß ist, dass er wie eine mächtige Sonne den dunklen Keller erhellt, nur dann ist es möglich.
Und wenn Du in vollem Ausmaß realisierst, wie sehr Deine Angst vor den dunklen Seiten in Dir Dich Deiner Lebensfreude beraubt.
Nur dann bist Du bereit Dich Deinen dunklen Anteilen wirklich und wahrhaftig zu stellen.
Gehen muss ein jeder den Weg nach Innen für sich.
Doch manchmal ist es durchaus hilfreich, sich dabei von jemanden ein kleines Stückchen begleiten zu lassen.
Alles Liebe,
Dirk Liesenfeld.
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