Die Konfrontation mit dem Tod, womöglich noch mit dem eigenen, ist eine einschneidende Erfahrung. Folgenden Brief erhielt ich vorgestern. Ich möchte den Brief und meine Antwort darauf hier – mit Einwilligung der Autorin – veröffentlichen:
Hallo Dirk,
Habe meine OP gut überstanden und bin auf dem Weg der Besserung. Ich hatte so eine Scheißangst. Ich habe zwar keine Angst vor dem was nach dem Tod kommt, aber gerade jetzt wollte ich die schöne Welt noch nicht verlassen, wo ich gerade wieder lebe.
Danke für deine vielen Briefe
liebe Grüße I.
Liebe I.,
schön, daß Du alles gut überstanden hast.
Daß, was uns am meisten in dieser Welt „treibt” ist sicherlich die Angst vor dem Tod. Nicht vor der Dunkelheit, sondern davor alles zu verlieren. Das gilt es zutiefst zu nehmen, zu durchfühlen.
Denn tatsächlich wird sich diese Aussage „gerade jetzt wollte ich die schöne Welt noch nicht verlassen” nie wandeln, wenn nicht die Todesangst dahinter gewandelt wird. Echte Freiheit beginnt dann. In allen Lebensbereichen.
Rilke schrieb einmal dazu:
Man muss nie verzweifeln, wenn einem etwas verloren geht, ein Mensch oder eine Freude oder ein Glück; es kommt alles noch herrlicher wieder. Was abfallen muss, fällt ab; was zu uns gehört, bleibt bei uns, denn es geht alles nach Gesetzen vor sich, die größer als unsere Einsicht sind und mit denen wir nur scheinbar im Widerspruch stehen. Man muss in sich selber leben und an das ganze Leben denken, an alle seine Millionen der Möglichkeiten, Weiten und Zukünfte, denen gegenüber es nichts Vergangenes und Verlorenes gibt.
Aus solch einer Aussage spricht die Weisheit und das Vertrauen eines Menschen, der seine Todesangst überwunden hat und nun tief verwurzelt im Leben steht. Vielleicht bist Du noch im Kontakt mit dieser Angst. Dann lasse Dich einfach darauf ein – spüre beides zugleich: Deine Todesangst und Deine Lebensfreude. Dann kann sich bald etwas ganz, ganz neues zeigen…
Alles Liebe,
Dirk.
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