Der Garten Eden – Gibt es Himmel oder Hölle auf Erden??
Ich habe gestern eine Reportage auf YouTube gesehen. Sie hieß: Heaven’s Gate Documentary. Also eine Dokumentation über den Kult oder die Sekte mit dem Namen „Himmelstor”.
Ich hatte mir vorab – auch auf YouTube – deren Einführungsvideo angesehen. Das war damals, also in den 90er Jahren, deren Aushängeschild. Eine VHS-Kassette, die jedes Neumitglied ansehen musste oder sollte und worin der Gründer und Leiter des Kults, Marshall Applewhite, die Grundlagen ihrer Bewegung darlegt.
Er nannte sich übrigens damals „Doe” und ging davon aus, dass er der wiedergeborene Jesus ist. Was er ansonsten so mitteilte fand ich durchaus charismatisch und durchaus auch in weiten Teilen gut nachvollziehbar:
Die Erde ist ein Treibhaus für junge Seelen, unsere prinzipiell unsterblichen, aber noch jungen Seelen werden hier in Menschenkörper gepflanzt und haben die Aufgabe zu reifen. Und sie reifen, indem sie menschlich-animalische Erfahrungen machen und dadurch sich immer mehr vom animalischen abwenden können und dem Göttlichen zuwenden. Dann können sie den Körper und damit diese Erde verlassen.
So weit so gut. Aber dann kam 1996 der Komet Halley und das war für Doe der göttliche Hinweis, dass das Treibhaus „Erde” zu einem Ende kommen würde und in allernächster Zeit „umgegraben” wird. Apokalypse und so – damit wieder Platz wird für eine neue „Seelengeneration”. Alle derzeit auf der Erde verweilende Seelen würden im Zuge dessen mit eingestampft werden und man könne seine höchstpersönliche Seele nur dadurch retten, dass man zusammen mit ihm, Selbstmord begehen würde. Dann würde man aufsteigen und sich in dem Raumschiff materialisieren, welches sich hinter dem Hellyschen Kometen versteckt.
Das haben sie dann auch getan.
39 Gruppenmitglieder gingen aus eigenen Stücken in den Tod.
In einer merkwürdig geordneten Art und Weise – sehr zivilisiert und gesittet.
Ob sie nun auf einem Raumschiff durchs All fliegen, wissen nur sie selbst.
Derlei Geschehnisse passieren gar nicht mal so selten, wie man annehmen könnte.
1978 waren es 923 Anhänger von Jim Jones, die sich kollektiv binnen weniger Minuten das Leben nahmen.
1985 68 Menschen auf den Philippinen.
1994 53 Sonnentempler in der Schweiz, ein Jahr später noch 16 weitere in Frankreich
und so weiter und so fort.
Warum passiert das? Die Menschen, die sich da umbringen, sind überwiegend gebildete Menschen mit einem recht normalen sozialen Hintergrund. Es waren durch die Bank – und ich meine das so, wie ich es jetzt sage – MENSCHEN, WIE DU UND ICH. Keine Freaks, keine Spinner, keine Psychopathen! Das ist wichtig zu verstehen, denn sonst wird man nicht nachvollziehen können, was da ablief.
Denn was da tatsächlich passierte, ist ein Phänomen, welches Millionen von Menschen auch heute noch in sich tragen – obgleich es… jetzt hätte ich beinahe gesagt: „nur bei den wenigsten von ihnen zum Selbstmord kommt.” Aber das stimmt ja gar nicht.
Nach offiziellen Zahlen begehen jedes Jahr alleine in der EU 60.000 Menschen Selbstmord. Nicht-offizielle Stellen gehen von weitaus mehr aus. Sie sprechen von 200.000 Selbstmorden jährlich und über eine halbe Millionen Suizidversuchen. Jedes Jahr. Aber gehen wir mal nur von den offiziellen Zahlen aus: 60.000 Selbstmorde jährlich und eine viertel Millionen Selbstmordversuche.
Und ich behaupte ein jeder Selbstmord hat „spirituelle” Gründe. Wenn ein Mensch an der Börse sein Geld verliert, dann bringt er sich nicht gleich um. Wenn für ihn jedoch Geld seine Religion ist, und er nun mit einem Börsencrash in eine spirituelle Krise gestürzt wird, dann rückt der Suizid schon in den Bereich des Möglichen.
Was steht nun also hinter all dem?
Ich möchte nochmal ganz von vorne beginnen:
Die Erde ist ein Treibhaus für junge Seelen,
unsere unsterbliche, aber noch junge Seelen werden hier in Menschenkörper gepflanzt und haben die Aufgabe zu reifen.
Und sie reifen, indem sie menschlich-animalische Erfahrungen machen und dadurch sich immer mehr vom animalischen abwenden können und dem Göttlichen zuwenden.
So erlebe aus meiner Beobachtung in der Welt und meiner Arbeit mit Menschen den tieferen Sinn und Zweck des Lebens auf der Erde. Aus diesem Blickwinkel machen sehr viele Dinge auf einmal Sinn, die vorher nicht verständlich sein können.
Dieser Reifungsprozess ist nämlich manchmal kein einfacher. Denn um sich für den Frieden entscheiden zu können, muss man zuvor den Krieg erlebt haben.
Um sich dem Mitgefühl hingeben zu können, muss man zuvor den Hass erfahren haben.
Innere Freiheit erwächst nur aus der Erfahrung von Abhängigkeit,
und die Ausrichtung auf Schönheit nur aus dem Erfahrungsraum des Hässlichen.
Und ein jeder weiß es, wie schwer es manchmal sein kann bestimmte Erfahrungsräume zu ertragen. Wenn in mir zum Beispiel gerade die Einsamkeit zu Gast ist, dann ist dieser Zustand einfach verflucht – naja – einsam. Da gibt es nichts zu beschönigen. Und nicht wenige Menschen – ja, fast alle – wollen dann nichts anderes, als diesen Zustand so schnell wie möglich wieder loszuwerden.
Partnerbörsen, spirituelle Seminare, religiöse Vereinigungen und Glaubenssysteme, Drogen, Meditieren, die Suche nach Erleuchtung.
Jede Ablenkung ist recht, nur um bloß nicht mehr die Einsamkeit fühlen zu müssen.
Und wenn all diese Ablenkungen nichts nutzen – dann bleiben eben nurmehr zwei Möglichkeiten übrig:
Möglichkeit 1: Selbstmord, weil man sich entscheidet die Gefühlszustände nicht ertragen zu können.
und Möglichkeit 2: Hingabe an das, was ist.
Ich respektiere die Entscheidung eines jeden Menschen, sich selbst zu töten. Aber traurig finde ich es dennoch. Denn die Möglichkeit 2, die Hingabe an den Erfahrungsraum, der sich da zeigt, dieses Tor ist immer und jederzeit eine mögliche Alternative zum Selbstmord.
Was bedeutet das nun – „Hingabe an das, was ist”?
Diese Frage ist leicht zu beantworten. Es bedeutet einfach nur, dass man eine innere Entscheidung trifft das, was einem da gerade begegnet, so lange in Dir wirken zu lassen, bis man es vom Grunde her erfahren hat.
Vielleicht ist es auch hilfreicher darüber zu sprechen, was „Hingabe” NICHT ist, denn das ist es, worin die Quelle von nicht endendem Leid liegt.
Es ist erstens NICHT:
Sich der Erfahrung zu verwehren, indem man sie los werden möchte.
Und es ist zweitens auch NICHT:
Sich mit der Erfahrung identifizieren, indem man sie festhalten möchte.
UND es ebenfalls drittens nicht:
Die Erfahrung nur mit dem Kopf zu betrachten und nicht ins Herz und den Körper zu lassen.
Vielleicht ein Beispiel:
Wenn ich das Wesen der Tiere verstehen möchte und mein Lehrer (also das Leben) der Meinung ist, als nächstes sind Katzen dran. Dann werde ich nicht weiterkommen, wenn ich vor jeder Katze davon laufe. Das wäre das verwehren.
Ich werde auch scheitern, wenn ich denke ich wäre eine Katze oder die Katze ständig eng an mich gedrückt halte. Das wäre das festhalten.
Und auch die bloße wissenschaftliche Betrachtung der Katze („drei Kilo schwer, graues Fell, usw”) bringt gar nichts, um wirklich das Wesen der Katze zu begreifen. Das wäre das verkopfen.
Um die Tierwelt am Beispiel einer Katze zu verstehen, muss ich es zulassen können, die Katze Teil meines Lebens werden zu lassen. Ich werde dann erfahren, wie sie frisst, schnurrt, mich kratzt und beißt und all das.
Und irgendwann wird diese Katze ihre Aufgabe erfüllt haben, auf Nimmerwiedersehen in den Wald verschwinden und das nächste Tier – also der nächste Erfahrungsraum – ist dran.
Und es ist wichtig zu verstehen, dass nichts auf der Welt DIR diese persönliche Erfahrung abnehmen kann. Kein Buch über Katzen, keine Katzenreligion und auch keine schlauen Sprüche, wie z.B.: „Katzen sind nur eine Illusion Deines Egos”.
So – und wie weiß man nun, welches Tier – welche Erfahrung – grade dran ist?
Naja ganz einfach. Das, was gerade in Deinem Leben ist, ist dran. Und es ist solange dran, bis es nicht mehr in Deinem Leben ist. Es kommt und geht aus seinem eigenen, inneren Gesetz heraus und je wachsamer und erfahrungshungriger Du es empfängst, umso spannender und lehrreicher ist die Zeit der jeweiligen Erfahrung.
An dieser Stelle vielleicht ein Wort zum Thema: Erleuchtete Meister und spirituelle Führer.
Es mag wohl Menschen geben, die der Meinung sind, sie wären „durch” mit diesen ganzen irdischen Erfahrungsräumen. Dass all das nur noch andere betreffen würde, aber nicht mehr sie selbst.
Nun – es mag sein, dass sie dieser Meinung sind.
Ob es tatsächlich jedoch so ist – wer könnte das beurteilen…?
Lebendig zu sein heißt: Wachsam und Erfahrungshungrig zu sein:
Nicht die Erfahrung abwehren.
Nicht darin versumpfen oder abstumpfen.
Nicht daraus eine Wissenschaft machen.
Einfach da sein, es erleben, es bewegen lassen – sich in einem Moment komplett darin verlieren, um im nächsten Moment wieder daraus wie Phönix aus der Asche aufzuerstehen.
Und ich bin sicher, dass Du das schon erlebt hast: Eine jede Erfahrung, die in dieser Weise durchschritten wurde – mit Würde UND mit Blut, Schweiß und Tränen.
Eine jede dieser Erfahrungen hat Dich wachsen und reifen lassen.
Sie kam aus dem Nichts und sie ging – nach vollbrachter Arbeit – zurück dorthin. Ohne auch nur einen einzigen Fleck auf der Oberfläche Deiner Seele zu hinterlassen.
Und falls Du dieser letzten Aussage nicht zustimmen kannst, dann möglicherweise nur deshalb nicht, weil irgendeine Erfahrung noch nicht ganz durchschritten wurde. Die Katze noch irgendwo eine Kralle bei Dir hängen hat.
Und dann lohnt es sich sehr, dort noch einmal genau hinzusehen.
Sich diesem Raum noch einmal aus freien Stücken zu öffnen.
Ich wünsche Dir ein erfahrungsreiches Leben.
Denn das ist das wahre Geschenk und die eigentliche Aufgabe Gottes an uns.
Alles Liebe,
Dirk.